Wer nichts weiß, macht einen Kreis

Golfspieler, bei denen die Entfernung des Wohnsitzes zur Heimatgolfanlage max. 70 km beträgt, werden nun als „regionale Golfer“ bezeichnet. Ist das eine Garantie dafür, dass an solche Golfer keine „Billig-Mitgliedschaften“ verkauft werden?

Für Geographen bezeichnet der Begriff der Region ein Gebiet, das geographisch, politisch, ökonomisch und/oder administrativ eine Einheit bildet. Zur Abgrenzung einer Region werden die Homogenität (z.B. gleiches Klima) oder die Funktionalität (z.B. Verflechtung wirtschaftlicher Faktoren) herangezogen.

Das regionale Umfeld von Golfanlagen wird gemeinhin durch den Einzugsbereich definiert. Unter dem Rubrum „Marketing Service“ findet sich auf der Internetseite des DGV der Hinweis darauf, dass eine „Einzugsgebietsanalyse“ den „regionalen Markt in 15, 30 und 45 Minuten Fahrzeit rund um die Golfanlage“ betrachtet. Fahrtzeiten werden dabei durch Isochronen (Linien gleicher Fahrtzeitentfernung) angegeben, keineswegs aber etwa durch konzentrische Kreise. Denn, so wissen Architekten, Städteplaner und Geographen seit langem: „Wer nichts weiß, macht einen Kreis“.

Das wussten auch die drei Professoren der DGV-Expertengruppe, als sie dem DGV zur Eindämmung von Billig-Mitgliedschaften empfahlen, in Bezug auf die Bildung von DGV-Ausweis-Kontingenten nicht nur das bisherige Mengenkontingent von 700 Ausweisen pro neun Löcher (auf 500) zu reduzieren, sondern auch „den regionalen Bezug in den Mittelpunkt zu rücken“.

Sie empfahlen dabei einen Radius von 70 km um die Golfanlage, in dem als „regional“ und damit als anlagengebunden angesehene Golfer den DGV-Ausweis erhalten. Eine Auswertung der Wohnort-PLZ von 594.890 organisierten Golfern hatte nämlich ergeben, dass 82,3% dieser Golfer in einer Entfernung von bis zu 70 km von ihrem Heimatgolfplatz wohnen.

Was den Geographen wundert: Nicht weniger als 75% dieser Golfer (446.154) wohnen innerhalb von nur 30 km von der Golfanlage entfernt. Ist die Ausdehnung der Bezeichnung „regional“ auf einen 70-km-Radius etwa eine Hommage an nur 43.160 organisierte deutsche Golfer, die zwischen 31 und 70 km von ihrer Golfanlage entfernt wohnen?

Wie war das noch mit der Homogenität und/oder Funktionalität bei der Abgrenzung von Regionen? Kann es sein, dass hier das Kamel-Pferd grüßen lässt? („a camel is a horse designed by a committee“)

Die Experten empfahlen weiterhin: „An Stelle einer Radius-Betrachtung kann auch eine Analyse von Fahrtzeiten (Isochronen-Betrachtung) treten.“ Begründung: „Da für einen Golfer die Fahrtzeit das wichtigere Argument ist als die reine Entfernung im km (hier sogar nur Luftlinie) empfiehlt die Expertengruppe die Analyse …. von PLZ-Gebieten in Isochronen-Reichweite.“

Das wird nun wohl ebenso wenig passieren wie es eine Reduzierung des DGV-Ausweiskontingents auf 500 pro neun Löcher geben wird. Na ja, die Experten haben ja nur eine „Empfehlung“ gegeben.

Was aus dem Bericht der Expertengruppe übrigens nicht hervorgeht. Und worüber die deutsche Golfbranche seit dem Verbandstag des DGV am 16. April 2016 heftig rätselt:

Wer garantiert eigentlich, dass Golfanlagen an nun als „regional“ bezeichnete Golfer, die innerhalb von 70 km von einer Golfanlage wohnen, keine „Billig-Mitgliedschaften“ verkaufen?