Golfplatz-Grundstücke: Erhöhter Bodenwert?

Haben Golfplatz-Grundstücke „automatisch“ einen höheren Bodenwert als vergleichbare landwirtschaftliche Flächen?

Grundstücke für Golfplätze würden „mit dem 2- bis 4-fachen Wert landwirtschaftlicher Flächen gehandelt“ hieß es noch in der im Jahre 2002 erschienenen 4. Auflage des „Kleiber/Simon/Weyers“, dem Standardwerk der Verkehrswertermittlung von Grundstücken. Wertmindernd wirkten sich aber eine hügelige Topographie (wg. überdurchschnittlicher Kostenbelastungen) sowie ökologische Auflagen aus. Diese Darlegung erfolgte seinerzeit vor dem Hintergrund der hohen Nachfrage nach entsprechenden Grundstücken, bedingt durch den Golfplatz-„Boom“ der 90er Jahre mit Inbetriebnahme von bis zu mehr als 40 neuen Golfplätzen pro Jahr.

Sehr genau analysierte der Gutachterausschuss für Grundstückswerte des Kreises Mettmann, ebenfalls im Jahre 2002, den Markt für Golfplatz-Grundstücke. Auf der Basis der Auswertung von 185 Kauffällen aus den 90er Jahren mit Grundstücks-Größen von wenigen tausend Quadratmetern bis zu rd. 80 ha (insgesamt 652 ha) und Kaufpreisen in Höhe von 95% bis zu 320% des Bodenwertes vergleichbarer landwirtschaftlicher Flächen wurde herausgestellt, dass der Bodenwert dieser zur Golfplatz-Nutzung verkauften Grundstücke im gewichteten Mittel seinerzeit (!) beim 1,7-fachen des Wertes landwirtschaftlicher Flächen lag.

Dass der Bodenwert von Golfplatz-Grundstücken das 1,7-fache des Wertes landwirtschaftlicher Flächen betrage, scheint sich in den letzten 15 Jahren irgendwie festgesetzt zu haben. So setzte der Gutachterausschuss einer Stadt in NRW diesen Werterhöhungsfaktor im Jahre 2012 bei der Ermittlung des Liegenschaftswertes einer Golfanlage für die Bemessung der Schenkungssteuer an. Und ein Sachverständiger übernahm den Werterhöhungsfaktor des 1,7-fachen in Ermittlungen des Bodenwertes für Golfanlagen-Grundstücke in Schleswig-Holstein (2008) und Rheinland-Pfalz (2013) mit der Begründung, dies sei „die einzige repräsentative Zusammenstellung von Golfplatzgrundstückspreisen“.

Wenn es um die Ermittlung des Bodenwerts von als Golfplatz genutzten Grundstücken geht, so geht dies nicht ohne eine gründliche Analyse und Bewertung des spezifischen Markts der Golfplatz-Branche und ihrer lokalen bzw. regionalen Eigenheiten zum jeweiligen Stichtag der Bewertung (!). Der Golfplatz-„Boom“ ist heute längst abgeebbt, in Deutschland werden kaum noch neue Golfplätze gebaut, die Nachfrage nach Golfplatz-Grundstücken tendiert gegen Null, der Golfplatz-Grundstücks-Markt ist so gut wie tot!

Dementsprechend kann ein Zuschlag zum landwirtschaftlichen Bodenwert heutzutage keinesfalls pauschal und „automatisch“ angesetzt werden, nur weil auf den betreffenden Grundstücken ein Golfplatz besteht.. Allenfalls dort, wo der Ertragswert aus der Golfplatz-Nutzung (z.B. bei Verpachtung) über dem Vergleichswert der landwirtschaftlichen Nutzung liegt, kann eine individuell zu errechnende Erhöhung eventuell angemessen sein. Dort aber, wo nach Abzug der Verzinsung des Bodenwerts ein negativer Ertragswert des Golfanlagen-Betriebs herauskommt, ist von vornherein klar, dass bei der Kalkulation ein zu hoher Bodenwert angesetzt wurde. Dasselbe mag heute auf den Buchwert des einen oder anderen Golfplatz-Grundstücks zutreffen, das in Zeiten des „Booms“ schlichtweg zu teuer eingekauft wurde.

Bei der Bewertung von Golfplatz-Grundstücken im Rahmen der Ermittlung des Beleihungswerts ist ganz besondere Vorsicht geboten, und zwar vor allem im Hinblick auf die Drittverwendungsmöglichkeit von Golfplatz-Grundstücken im Falle eines Scheiterns der Golfanlage. Angesichts von Fragen des eventuellen Rückbaus der fraglichen Golfanlage sowie des dann möglichen Umgangs mit Bäumen, Sträuchern, Teichen, Biotopen, ökologischen Ausgleichsflächen, etc. auf den betreffenden Grundstücken stellt sich die Frage einer Wert-„Erhöhung“ solcher Grundstücke in der Praxis wohl eher nicht!