Ertragswert von Golfanlagen: Wie wird der Barwert der zukünftigen Erträge berechnet?

Der Ertragswert von Golfanlagen wird ermittelt als der auf den Stichtag der Bewertung abgezinste Barwert der zukünftigen (über die wirtschaftliche/vertragliche Restnutzungsdauer der Golfanlage erwirtschaftbaren) Erträge. Dazu werden die prognostizierten Erträge (Umsatzerlöse abzüglich Betriebskosten) mit einem Barwertfaktor multipliziert. Dieser Multiplikator ist der Kehrwert des für die Diskontierung der Zukunftserträge angewandten Zinssatzes.

Wie hoch aber ist der dafür bei Golfanlagen angemessene Zinssatz?

Der Kapitalisierungszinssatz soll die Chancen und Risiken des für die zu bewertende Golfanlage relevanten Marktumfeldes abbilden. Golfanlagen sind Freizeitimmobilien. Oder auch Dienstleistungsbetriebe der Freizeitbranche. Sie unterliegen einem signifikant höheren Marktrisiko als z.B. Wohn- oder Büro-Immobilien. Dies gilt insbesondere angesichts der aktuellen Lage des deutschen Golfmarktes, der bei seit Jahren nur noch verschwindend geringem Gesamt-Wachstum in vielerlei Hinsicht (Altersgruppen, Beitragshöhe, Fluktuation, etc.) deutliche Stagnationstendenzen aufweist. Der für die Abzinsung der künftigen Erträge anzusetzende Zinssatz bewegt sich bei Golfanlagen daher grundsätzlich in einer Bandbreite relativ hoher Zinssätze von 6,0% bis 9,0%. (zum Vergleich: selbstgenutzte Wohnimmobilien: ca. 2,0% bis 4,0% / Büro- und Geschäftshäuser: ca. 4,0% bis 6,0%).

Zudem gilt für Golfanlagen: „all business is local“. Das Marktrisiko einer an einem prosperierenden kaufkraft- und nachfrage-starken Standort gelegenen Golfanlage ist ungleich geringer als das einer Golfanlage in einem peripher gelegenen und wirtschaftlich strukturschwachen Umfeld.

Der für die Kapitalisierung der Zukunftserträge von Golfanlagen anzusetzende Zinssatz ist daher in jeden Einzelfall aus den konkreten Gegebenheiten des lokalen Golfmarkts abzuleiten, und zwar transparent nachvollziehbar anhand der aktuellen Werte der im Einzugsbereich der Golfanlage (30-Minuten-Isochrone) bestehenden drei Parameter: Angebot (Golflöcher), Nachfrage (Golfspieler) und Kaufkraft. Aus den lokal zutreffenden Indices der relevanten Werte (bundesdeutscher Mittelwert = 100%) kann das für jede einzelne Golfanlage geltende Profil des Marktrisikos bzw. der Marktchancen zusammengefasst als „Marktpotenzialindex“ (MPI) auf einer Skala von 0 bis >180 berechnet werden*).

Und so korrespondiert der jeweilige Wert des MPI mit dem für die betreffende Golfanlage anzusetzenden Zinssatz: Je höher der MPI, umso niedriger ist der Zinssatz. Bei einem MPI von >180 gilt ein Zinssatz von 6,0%; bei einem MPI von < 30 gilt ein Zinssatz von 9,0%. Die zutreffenden Zwischenwerte werden auf der MPI-Skala von 0 bis >180 entsprechend interpoliert. Bei auf Eigentumsgrundstücken errichteten Golfanlagen, welche keiner durch die begrenzte Laufzeit von Landpachtverträgen eingeschränkten Nutzungsdauer unterliegen, entspricht ein Zinssatz von 6,0% einem Barwertfaktor (Multiplikator) von 1/6,0% = 16,67. Bei einem Zinssatz von 9,0% sinkt der Multiplikator entsprechend auf 1/9,0% = 11,11.

Der Ertragswert (Barwert zukünftiger Erträge) von zwei (fiktiv) in jeglicher Hinsicht identischen Golfanlagen (Eigentumsgrundstücke, Golfplatz, Gebäude, Baustandard, Investitionen, etc.) mit einem prognostizierten künftigen jährlichen Ertrag in Höhe von jeweils 150.000 € p.a. wäre mithin an einem „starken“ Standort (Zins: 6,0%) mit 2,5 Mio. € zu ermitteln, der Ertragswert der (fiktiv) „selben“ Golfanlage an einem „schwachen“ Standort hingegen mit nur 1,67 Mio. €.

 

*) vgl. BILLION, F.: Golfanlagen in der Wertermittlung. In: Der Immobilienbewerter. Zeitschrift für die Bewertungspraxis. Bundesanzeiger-Verlag. Ausgabe 1/2017. S. 3 – 9